HINTERGRUND: Wer darf Wetten anbieten - Neuer Zündstoff in Debatte um Monopol
Mar 6, 2007 7:44 PM
HANNOVER (dpa-AFX) - Die Betreiber des 'Cash-Points' hatten sich verzockt.
Kaum hatte sich der private Sportwetten-Vermittler im westfälischen Münster
niedergelassen, war mit dem Geschäft auch schon wieder Schluss. Statt
Sportwetten werden in dem Ladenlokal jetzt Blumen angeboten. So ähnlich erging
es bundesweit hunderten Sportwetten-Vermittlern, seit die Bundesländer massiv
für den Erhalt des staatlichen Lotteriemonopols kämpfen und die
Verwaltungsgerichte zahlreiche Verbote erlassen haben. Im Dezember billigten 15
von 16 Ministerpräsidenten einen neuen Glücksspielstaatsvertrag, der das Monopol
bis 2011 sichern soll.
Auch nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum
italienischen Wettmarkt sehen sich die Länder und Lottogesellschaften auf dem
richtigen Weg. 'Die Entscheidung zeigt, dass ein Konzessionsmodell keine
Alternative zum Glücksspielmonopol darstellt', sagte Niedersachsens
Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) am Dienstag in Hannover.
Niedersachsens Lotto-Chef Rolf Stypmann hält es für 'schlicht abwegig', dass
das EuGH-Urteil das staatliche Wettmonopol ins Wanken bringen könnte. 'Die Lage
in Italien ist eine vollkommen andere als in Deutschland. Dort gibt es eine
teilweise Marktöffnung, hier bei uns ein klares staatliches Monopol', meinte der
baden- württembergische Lotto-Geschäftsführer Friedhelm Repnik. Private
Lottoanbieter sehen das völlig anders und wittern jetzt Morgenluft. Die Kurse
ihrer Aktien machten Sprünge.
Entflammt war der Streit um das staatliche Monopol in erster Linie an den
Sportwetten. Private Anbieter - von Inhabern so genannter DDR- Lizenzen bis hin
zu Internet-Wettbüros mit Sitz im Ausland - gruben mit deutlich höheren Quoten
der staatlichen Oddset-Wette zunehmend das Wasser ab. Sie hofften auf eine
Liberalisierung des Wettmarktes, etwa über die Vergabe von Konzessionen an
ausgewählte private Anbieter. Am 28. März vergangenen Jahres entschied das
Karlsruher Bundesverfassungsgericht, das staatliche Monopol in seiner
derzeitigen Ausgestaltung sei verfassungswidrig. Es dürfe nur aufrechterhalten
werden, wenn die staatlichen Lotto-Gesellschaften effektiv die Spielsucht
bekämpften.
Seither ist Lotto-Werbung praktisch tabu. Kündeten vorher großflächige
Plakat mit Slogans wie 'Machen - nicht träumen' in den Städten vom großen
Lotto-Glück, verpassen die Lotto-Gesellschaften seither keine Gelegenheit, vor
Spielsucht zu warnen. Während der Fußball-WM wurde sogar die teuer erkaufte
Bandenwerbung an die gemeinnützigen SOS-Kinderdörfer verschenkt. Nach einem
Streit mit dem Bundeskartellamt sperrten die meisten Lotto-Gesellschaften zudem
ihr Internet-Spiel. Das Kartellamt hatte eine bundesweite Öffnung der Angebote
gefordert - was wiederum im krassen Gegensatz zu den Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts stand, die Wettangebote nicht auszubauen.
Für die Länder geht es in dem vielschichtigen Streit um das Wettmonopol um
viel Geld. Über die Lotto-Abgaben flossen 2005 rund 3,2 Milliarden Euro an
öffentliche Haushalte und gemeinnützige Organisationen, 2006 waren es nach
Angaben der Toto-Lotto GmbH Baden- Württemberg rund drei Milliarden Euro.
Wettanbieter mit einer Lizenz aus DDR-Zeiten, wie etwa 'bwin' sowie
Internet-Kasinos, leisten solche Abgaben dagegen nicht. Die Gelder sind
zweckgebunden, dienen der Förderung von Kultur und Gemeinwesen. Der deutsche
Sport wird jährlich mit etwa 530 Millionen aus den Erlösen von Toto-Lotto und
Oddset unterstützt.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball-Liga (DFL) wollen
auf die Einnahmen durch die Privat-Anbieter aber nicht verzichten. Sie setzen
auf eine Liberalisierung des Wettmarktes und haben zu dem geplanten
Glücksspielstaatsvertrag der Länder ein eigenes Rechtsgutachten erstellen
lassen. Demnach verletze das Wettmonopol Grundrechte sowie Europarecht. Doch
nach den Reaktionen der Politik auf das EuGH-Urteil vom Dienstag deutet wenig
darauf hin, dass die Verantwortlichen das lukrative Wettmonopol preisgeben
wollen. Der Glücksspielstaatsvertrag müsse nun, wie vorgesehen, zum 1. Januar
nächsten Jahres in Kraft treten, betonte Niedersachsens Ministerpräsident
Wulff./bz/DP/zb
--- Von Birgit Zimmermann, dpa ---
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