AKTIE IM FOKUS 2: Tipp24 klettert - EU-Gericht kippt Glücksspiel-Monopol
Sep 8, 2010 6:16 PM
(neu: Analystenkommentar von Cheuvreux)
FRANKFURT (dpa-AFX) Die Aktien von Tipp24 haben sich nach einer
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu Sportwetten und Glücksspielen am
Mittwoch sehr fest gezeigt und mit deutlichem Abstand an die Spitze des SDax
gesetzt. Die Titel gewannen bis 16.00 Uhr 11,83 Prozent auf 26,710
Euro, während der Kleinwerteindex lediglich um 0,21 Prozent auf 4.223,68 Punkte
zulegen konnte.
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hatte entschieden, dass das
deutsche Monopol für Sportwetten und Glücksspiele nicht mit dem EU-Recht
vereinbar ist. Das sei für Tipp24 eine positive Nachricht, kommentierte ein
Händler. Ein anderer Börsianer sagte, bis es erste Einschätzungen von Juristen
gebe, seien noch viele Fragen offen. 'Aber auf den ersten Blick sieht das gut
aus', fügte er hinzu.
CHEUVREUX: FOKUS LIEGT NUN AUF LIBERALISIERUNG DER MÄRKTE
Analyst Christoph Schmidt vom Vermögensverwalter N.M.F. AG gab zu bedenken,
dass es wohl noch dauern werde, bis die deutsche Justiz auf das Urteil reagieren
werde. Sollte sich dann aber die Entscheidung des europäischen Gerichtshofes
durchsetzen, böten sich für Anbieter wie Tipp24 Möglichkeiten für eine größere
Expansion sowie eine Ausweitung ihrer Geschäfte.
Cheuvreux-Analyst Christoph Blieffert nannte die Entscheidung der Richter
überraschend. Sie verlagere den Fokus auf die Liberalisierung der Märkte.
Angesichts des damit ungültigen deutschen Glücksspielvertrages könne Tipp24 nun
auch eine Werbekampagne für sein in Großbritannien basiertes Lottospiel
einleiten. In jedem Fall sei die Wahrscheinlichkeit für eine neue, liberalere
Regelung des Glücksspiels in Deutschland gestiegen. Ein neuer Glücksspielvertrag
könne Tipp24 die Rückkehr zum alten Geschäftsmodell der Vermittlung staatlich
lizensierter Lotterieprodukte ermöglichen. Blieffert beließ die Einschätzung für
die Papiere auf 'Outperform' bei einem Kursziel von 40,00 Euro und riet zum
Ausbau der Positionen.
EU-GERICHT: VERSTOSS GEGEN NIEDERLASSUNGS- UND DIENSTLEISTUNGSFREIHEIT
Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes begrenzt die deutsche Regelung
Glücksspiele, auch Sportwetten, nicht 'in kohärenter und systematischer Weise'.
Sie verstoße damit gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit in der
EU. Die höchsten EU-Richter begründeten ihre Auffassung mit der erheblichen
Werbung, die die staatlich genehmigten Anbieter von Glücksspielen betrieben. Das
Monopol diene nicht mehr der Bekämpfung der Spielsucht, wie die staatliche Seite
stets argumentiert hatte. Die deutsche Regelung dürfe nicht weiter angewandt
werden, bis eine neue erlassen sei, die mit EU-Recht übereinstimme, hieß es von
den Richtern./chs/he
Weitere Informationen: www.dpa-AFX.de